100 Jahre SPD Grassau

09. Juli 2021

»Es geht um Verantwortung, nie ums Rechthaben«

Grassau – (tb) Eine bewegte Geschichte liegt hinter der Grassauer SPD, die vor genau 100 Jahren gegründet wurde. Die Höhepunkte ließen die Mitglieder während der kleinen, aber feinen Feierstunde im Gasthof Sperrer und musikalisch umrahmt von »Grass Brass« Revue passieren. Xaver Schreiner wurde für seine 50-jährige Mitgliedschaft ausgezeichnet.

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Xaver Schreiner erhält vom Ortsvorsitzenden Tobias Gasteiger die Urkunde zur 50-jährigen Mitgliedschaft. (Foto: Hahn)

Eigentlich, so der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, Tobias Gasteiger, wäre eine größere Feier zu diesem Jubiläum geplant gewesen. Er freute sich über die Ehrengäste Florian von Brunn, Ronja Endres, Dr. Bärbel Kofler und Sepp Konhäuser. Die Gäste aus den anderen Parteifraktionen des Marktgemeinderats zeigen, so Gasteiger, wie gut man sich im Gremium verstehe. Gefeiert werden 100 Jahre Sozialdemokratie. Man berufe sich auf einen Artikel, erschienen in der »Chiemgauer Volkswacht«, in dem die Rede von der Gründung eines SPD-Ortsvereins Grassau am 3. Juli 1921 die Rede ist, informierte Gasteiger. Gasteiger verwies auf die neue Chronik der Grassauer SPD, die von Olaf Gruß und Dr. Dieter Hahn erstellt wurde. Er dankte seinen Vorgängern im Vorsitz der SPD, sowie den SPD-Bürgermeistern Raimund Schupfner (1986-2002), Rudi Jantke (2002-2020) und dem amtierenden Bürgermeister Stefan Kattari (ab 2002).

Leider könne Raimund Schupfner, Bürgermeister von 1986 bis 2002, krankheitsbedingt die Ehrung für 50 Jahre SPD Mitgliedschaft nicht persönlich in Empfang nehmen, bedauerte Gasteiger. Ebenfalls seit 50 Jahren SPD-Mitglied ist Xaver Schreiner. Er trat am 1. Januar 1971 bei den Jusos ein, war 1985 bis 1987 dritter Vorsitzender und danach 20 Jahre Vorsitzender der Grassauer SPD bis 2007. Zudem war Schreiner von 1994 bis 1996 und von 2008 bis 2014 Mitglied im Marktgemeinderat. 2014 wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

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Von links: Ortsvorsitzender Tobias Gasteiger, Olaf Gruß erhält sein Exemplar der Chronik, Bürgermeister Stefan Kattari (Fotos: Hahn, Eder)

»Wir sind gerade dabei, die Geschichte fortzuschreiben«, zitierte Bürgermeister Stefan Kattari aus der Chronik. Er sei stolz diese fortschreiben zu dürfen. Was bewirkt werde, sei nur im Zusammenspiel mit Marktgemeinderat und Bürgern möglich. Das Erfolgsgeheimnis der Gemeinde Grassau sei, dass verschiedene Interessen berücksichtigt würden und alle Parteien zusammenarbeiten würden.

Beim Durchblättern der Chronik könne man den Eindruck gewinnen, Kommunalpolitik sei ein Spiel. »Es geht aber um Verantwortung, nie ums Rechthaben, sondern immer um die Sache«, betonte der Rathauschef. Die Erfolgsgeschichte der SPD in Grassau, liege darin, dass in den letzten Jahrzehnten an vielen Stellen pragmatisch gearbeitet worden sei und die Mandatsträger aus der Mitte der Gesellschaft kämen. Auch dürfe, so konnte er aus der Chronik erkennen, die Landbevölkerung niemals unterschätzt werden.

Unterlagen vor 1956 verschwunden

Aus seiner persönlichen, Warte, ließ Xaver Schreiner die Geschichte der Grassauer SPD lebendig werden. Leider seien alle Unterlagen vor 1956 verschwunden. Erst 1956 wurde im Mauthäusl, heute Gemeinschaftsunterkunft, die SPD neu gegründet. Erster Vorsitzender wurde Georg Bosch junior. Schreiner bezeichnete die Mannschaft mit Hias Egart und Max Hogger als umtriebig. Ende der 60er Jahre habe durch die Studentenbewegungen ein politisches Umdenken eingesetzt, das auch in Grassau durch die Gründung der Jusos zu spüren gewesen sei.

Xaver Schreiner erinnerte an die Jugend der SPD mit Alice Gruß, Hans Hornberger, Folker Schindlmayr und Frank Vogel und die nicht immer einfachen Diskussionen mit den SPDlern. 1979 erschien zum ersten Mal die SPD-Zeitung »Links der Ache«, »eine großartige Leistung, mit unglaublicher Sorgfalt gemacht«, so Schreiner. Eingeführt wurde dann auch der kommunalpolitische Aschermittwoch, der bis heute gepflegt werde. Umweltpolitik habe schon immer eine große Rolle gespielt. Er verwies auf die Aktion »SPD auf Rädern« und die Verleihung des Umweltpreises, den Stefan Kattari 1993, damals als zehnjähriger Schüler, gewonnen habe. Der Ehrenvorsitzende Schreiner rief auch die vielen Kinder- und Familienfeste, die durchgehend bis Ende der 80er Jahre stattfanden, in Erinnerung. Eingeführt wurden auch Klausurtagungen und an den Kegelabenden wurde ebenfalls festgehalten. Mit dem Verein »Aufruf zur Phantasie« wurden insgesamt 17 Kabarettveranstaltungen in Grassau geboten und im Fasching sei die SPD mit der »roten Nacht« dreimal aktiv gewesen. Grillfeste aber auch die Wander- und Diskussionsrunden »Links bergauf« wurden seit 1998 regelmäßig durchgeführt. Xaver Schreiner blickt zuversichtlich in die Zukunft und lobte die Arbeit der jungen Mannschaft, darunter Marina und Tobias Gasteiger und Bürgermeister Stefan Kattari.

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Von links: Bürgermeister Stefan Kattari, SPD Landesvorsitzende Florian von Brunn und Ronja Endres, Ehrenvorsitzender Xaver Schreiner (Fotos: Hahn)

»Innovative Ideenvorangebracht«

Als Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete gratulierte Dr. Bärbel Kofler der SPD in Grassau. Sie sprach von dem Mut, immer neue Ideen umzusetzen und verwies auf »Aufruf zur Phantasie«, Kunst und Kultur, das Engagement zur Rettung der Kendlmühlfilzen und schließlich die Umsetzung der Fernwärme in Grassau. »Die SPD-Bürgermeister haben innovative Ideen vorangebracht und wurden bei den Wahlen belohnt«, sagte sie. Auch erinnerte sie sich an ihre erste Kandidatur für den Bundestag und ihren ersten Auftritt in Grassau 1998. Seither sei sie regelmäßig in Grassau und heuer sogar zum 24. Mal bei der Wanderung »Links Bergauf« zur Staffn Alm dabei gewesen. Bereits vor 100 Jahren hätten sich hier Bürger für die Demokratie eingesetzt und auch in schwierigen Zeiten daran festgehalten. Dies zeige die Inhaftierung des Bürgermeisters Georg Bosch 1933 und wie damals für die Demokratie eingestanden wurde.

»Dass der Landkreis heute so gut dasteht, ist auch ein Verdienst der SPD«, betonte Sepp Konhäuser, stellvertretender Landrat. Er informierte, dass der erste Ortsverein in Traunstein vor 120 Jahren gegründet wurde. Es folgten Ruhpolding und Bergen. Welchen Mut damals 1933 die SPDler hatten, untermauerte Konhäuser mit dem Auflehnen des damaligen Grassauer Bürgermeisters Bosch, der die Frauen des Naziregime als „Hitlerpritschen“ betitelte. Er erinnerte sich an Hans Hornberger sen., eine wichtige Stütze der Partei, wie auch an die Jusos seiner Zeit darunter Folker Schindlmayr, Dr. Hartmut Buchner, Xaver Schreiner, Frank Vogel, Alice Gruß und später Olaf Gruß und Dr. Dieter Hahn. Der größte Erfolg war, so Konhäuser, als Raimund Schupfner Bürgermeister wurde. Und nicht alltäglich sei, dass auf einen SPD Bürgermeister mit Rudi Jantke ein weiterer Sozialdemokrat folgte. Dass nun in der siebten Wahlperiode erneut ein SPD-Bürgermeister mit Stefan Kattari vorne stehe, sei ebenfalls ungewöhnlich und im Landkreis, wenn nicht in Bayern, einzigartig.

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Von Links: Tobias Gasteiger überreicht die Chronik an Dr, Bärbel Kofler, MdB, Stellv. Landrat Sepp Konhäuser und die SPD-Landesvorsitzenden Florian von Brunn und Ronja Endres. (Fotos: Eder)

Laut Ronja Endres, Vorsitzende der Bayern SPD, sei in Grassau alles so gut gelaufen, da man sich mit der eigenen Geschichte befasst habe, dann aber eigene Wege gegangen sei.

Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen zu verbessern, liege der SPD seit fast 160 Jahren am Herzen, betonte Florian von Brunn, MdL und Vorsitzender der Bayern-SPD. Die SPD habe Tiefen und Höhen erlebt. Man habe sich aber immer darauf verlassen können, dass sie die Demokratie für die, die nicht mit dem silbernen Löffel im Mund geboren wurden, verteidigt, betonte Florian von Brunn.

Glückwünsche und viele Prozente, abgefüllt in Schnapsflaschen, ein »Grassauer Schwarzbrand fürs rote Jubiläum« überreichten Daniela Ludwig und Thomas Göls von der Grassauer CSU.

Noch lange nach dem offiziellen Teil des gelungenen hunderten Geburtstags wurde über alte Zeiten gesprochen. Nicht selten wurde dabei in der neuen SPD Chronik nachgesehen und so manches bekannte Gesicht aus Grassau gefunden.

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Von links: Die Grassauer Bläser-Gruppe Grass Brass, Daniela Ludwig überreicht »Grassauer Schwarzbrand fürs rote Jubiläum« (Fotos: Hahn, Eder)

Von Tamara Eder

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