Europa geht alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland an, viele Rahmenbedingungen für unser Leben werden auf europäischer Ebene beraten und beschlossen, betonte einleitend die Kandidatin der SPD für das Europaparlament Maria Noichl aus Rosenheim bei der Veranstaltung der Grassauer SPD im Kleinen Saal des Gasthofs zur Post. Europa sei derzeit in keinem guten Zustand. Zu viel Bürokratie, viele wirtschaftliche Probleme, insbesondere eine extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Mitgliedsstaaten und ein Erstarken der rechtsradikalen Parteien bedrohen die Stabilität der Gemeinschaft. Um diese Fehlentwicklungen zu bekämpfen seien die Bürger gefordert, in großer Zahl an der Europawahl am 25. Mai teilzunehmen, stellte Maria Noichl fest. Wir dürfen das Feld nicht den undemokratischen rechtsradikalen Gruppen überlassen.
Das Europaparlament habe in den nächsten Jahren eine Vielzahl wichtiger Aufgaben zu erfüllen angefangen von einer europaweiten Sozial- und Umweltpolitik, Fortentwicklung der Bildungsanstrengungen und insbesondere auch um eine neue Finanz- und Wirtschaftspolitik. Europa müsse über das Europaparlament die richtigen Konsequenzen aus der Finanzkrise ziehen. Nie wieder dürfen Spekulanten mit ihrer zügellosen Profitgier ganze Staaten und auch die Europäische Union in die Krise reißen. Dies könne durch strengere Regeln auf den Finanzmärkten geregelt werden, aber auch durch eine gezielte Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, damit sich manche Großunternehmen und Millionäre nicht durch Steuertricks und Steuerhinterziehung ihrer Verantwortung für das Gemeinwesen entziehen können. Das sei eine Frage der Gerechtigkeit.
In seiner Begrüßung freute sich SPD-Ortsvereinsvorsitzender Dr. Dieter Hahn über den guten Besuch der Veranstaltung zur Europawahl am 25. Mai. Nach seinen Worten erlebt Europa derzeit einen Abbau der Demokratie z.B. in Ungarn und auch in der Ukraine. Gleichzeitig sei man auch durch den massiven Verstoß gegen Grundrechte bedroht, wie der Abhörskandal zeige. Deshalb sei die Bevölkerung auch gefordert, ein starkes Europaparlament zu wählen, welches solchen Bedrohungen kraftvoll begegnet. Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler betonte aber auch die Aufgabe des deutschen Bundestages, die schwerwiegenden Probleme in Deutschland selbst zu lösen und sich nicht immer hinter den Fehlentwicklungen in der EU zu verstecken. Diese Fehlentwicklungen seien zumeist das Ergebnis der Absprachen der Regierungschefs der Europäischen Union. Dabei habe die Bundeskanzlerin nun schon seit mehr als 8 Jahren einen ganz entscheidenden Anteil an den meisten Entscheidungen. Deshalb sei es auch so wichtig, dass das vom Volk gewählte EU-Parlament mehr Rechte und Entscheidungsbefugnisse bekomme, so Kofler.
Europa sei eine Wertegemeinschaft, welche sich der Freiheit, Demokratie, Freizügigkeit und der Verwirklichung der Menschenrechte verpflichtet fühlt und damit den Frieden weiter sichert, führte Maria Noichl weiter aus. Wir wollen Europa weiter verbessern und auch solidarisch mit den Staaten handeln, welche derzeit wirtschaftliche Schwierigkeiten haben. So müsse auch die Rechtsstaatlichkeit in der Gemeinschaft weiter ausgebaut, wie auch das Arbeits- und Sozialrecht weiter entwickelt werden.
Das EU-Parlament ist das größte Parlament der Welt mit 754 Vertretern aus 28 Mitgliedsstaaten. Dies macht es sicher nicht einfach, zu einer deutlichen Mehrheitsmeinung zu finden. Dabei sei die Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten ein wichtiger Stabilitätsfaktor, denn in ihr sind Parteien aus allen Mitgliedsstaaten vertreten. Sie haben sich auch darauf geeinigt, dass Martin Schulz, der Präsident des Europaparlaments, ihr gemeinsamer Kandidat als Präsident der Europäischen Kommission ist. Besonders wichtig sei es auch, dass er durch eine starke Fraktion in seiner Arbeit für ein demokratisches Europa unterstützt werde, so Noichl.
In der anschließenden angeregten Diskussion betonte Maria Noichl zur Frage nach ihrem Verhalten zum Freihandelsabkommen mit den USA, dass sie solch einem Abkommen im EU-Parlament nicht zustimmen könne, wenn dadurch zukünftige Verbesserungen von Umwelt- und Sozialstandards unmöglich gemacht werden und bestehende gefährdet werden. Ebenso wenig könne sie zustimmen, wenn Konzerne die Möglichkeit bekommen, durch staatliche Entscheidungen eventuell entgangene Gewinne bei Schiedsstellen einzuklagen, oder wenn dadurch die Entscheidungsfreiheit der nationalen oder des europäischen Parlaments eingeschränkt werden. Ebenso klar nahm sie und auch ergänzend Bärbel Kofler Stellung gegen die Genehmigung von Genprodukten auf dem europäischen Markt, weder direkt noch durch die Hintertür des Freihandelsabkommens.
An zwei kommunalen Beispielen verdeutlichte auch Grassaus Bürgermeister Rudi Jantke die oft hinderliche europäische Bürokratie. So müsse die Vergabe des Betriebs des neuen Wertstoffhofes in Grassau vom Landkreis europaweit ausgeschrieben werden. Gleiches gilt auch für die Holzlieferung an die Fernwärmeversorgung in Grassau. Man habe sich bewusst für die Verwendung lokaler Rohstoffe aus dem Achental entschieden, um eine möglichst geringe Umweltbelastung zu gewährleisten und eine regionale Wertschöpfung zu verwirklichen. Nun müsse dies aber entsprechend den europäischen Regeln europaweit ausgeschrieben werden. Deshalb sei es auch so wichtig, dass sich möglichst viele Bürger über die Wahlen direkt in die Verbesserung der europäischen Politik einmischen, so Jantke. Hoffentlich so erfolgreich, wie bei der Verhinderung des Ziels der Privatisierung der Trinkwasserversorgung.
Mai 2014
Olaf Gruß